Drei Tipps zum Lesen von Büchern auf Japanisch

Drei Tipps zum Lesen von Büchern auf Japanisch

Wenn man eine neue Sprache lernt, gibt es vier unterschiedliche Bereiche, in denen man Fähigkeiten erwerben muss: Sprechen, Hören, Schreiben und Lesen. Während die ersten drei Bereiche sehr zugänglich für mich waren, bereitete mir das Lesen von Anfang an Schwierigkeiten. Durch die Komplexität der japanischen Schrift mit ihren zwei Silbenschriften Hiragana und Katakana und jeweils 46 Zeichen, sowie den Kanji mit 2.136 Zeichen im regulären Gebrauch (Jōyō-Kanji, 常用漢字), ist das Lesen für viele Japanisch-Lernende die schwierigste Disziplin.

Für mich war das Lesen japanischer Texte lange Zeit nichts, was ich wirklich genießen konnte. Während meines Studiums musste ich viele wissenschaftliche Artikel für meine Masterarbeit auf Japanisch lesen. Da das Lesen solcher Text meinem damaligen Japanisch-Level absolut nicht entsprach, war es eher ein kontinuierliches Übersetzen der unzähligen unbekannten Worte als ein wirkliches Lesen. Nach meinem Studium ertappte ich mich dabei, dass ich zwar gerne Japanisch sprach, hörte und schrieb, das Lesen aber soweit es ging vermied.

Ich habe übrigens auch einen Artikel darüber, wie ich Japanisch gelernt habe.

Inhalt
Buchclub für japanische Literatur
Wie ich Japanische Bücher lese: Drei Tipps
1. Buchauswahl
2. Hilfsmittel beim Lesen
3. Das Lesekonzept Tadoku (viel lesen)
Fazit

Buchclub für japanische Literatur

Mottainai (もったいない), welch eine Verschwendung!, dachte ich mir. Ich habe die Sprache extra gelernt und wage mich trotzdem ungern an japanische Literatur, die ich eigentlich in Originalsprache lesen möchte. Damals bekam ich über einen Newsletter die Einladung zum Japanischen Literaturzirkel des Japanischen Kulturinstituts in Köln. Die Veranstaltung findet in unregelmäßigen Abständen ein paar Mal im Jahr statt. Ich meldete mich an und las im Voraus den vorgegebenen Text. Meine Nervosität am Tag der Veranstaltung löste sich schnell in Luft auf und ich hatte großen Spaß, mich mit anderen Japanisch-Lernenden und Japaner:innen über das Gelesene auszutauschen. Dort lernte ich auch eine Freundin kennen und wir entschieden uns nach der Veranstaltung etwas ganz Tolles auf die Beine zu stellen:

Bei unserem ersten Treffen sprachen wir über unsere Motivation, Literatur auf Japanisch zu lesen und tauschten uns über Schwierigkeiten aus. Wir stellten fest, dass wir ungefähr das gleiche Japanisch-Level hatten und gerne einen Lese-Partner oder eine Lese-Partnerin hätten, um motiviert zu bleiben, unklare Textstellen zu klären und über die Inhalte zu diskutieren. Im Anschluss an das erste Treffen gründeten wir einen Buchclub für japanische Literatur (Nihon-go Dokusho-kai, 日本語読書会).

Das ist mittlerweile fast zweieinhalb Jahre her. Im Buchclub wählen wir gemeinsam ein Buch aus, machen einen Lese-Plan und treffen uns regelmäßig – mittlerweile einmal pro Woche – für eine halbe Stunde, um die gelesenen Seiten zu besprechen. So konnte ich nicht nur mein Leseverständnis kontinuierlich verbessern, sondern auch meine Leidenschaft für das Lesen japanischer Literatur in Originalsprache entdecken. Ich kann Bücher lesen, die nicht übersetzt wurden, oder besondere Nuancen der japanischen Sprache erkennen, die selbst eine gute Übersetzung nicht hergeben kann.

Nach viel Trial und Error habe ich mittlerweile meine eigene Art gefunden, japanische Bücher zu lesen und zu verstehen. Im Folgenden möchte ich dir einen Leitfaden geben, damit auch du Spaß am Lesen japanischer Texte entwickeln kannst.

Wie ich japanische Bücher lese: Drei Tipps

1. Buchauswahl

Natürlich ist es wichtig ein Buch auszuwählen, an dem du persönliches Interesse hat. Allein die Motivation und die Neugierde für die Geschichte machen das Lesen schon einfacher. Es empfiehlt sich außerdem vor dem Kauf die ersten Seiten einmal durchzulesen. Das kannst du in einem japanischen Buchladen machen, aber auch Online-Shops bieten oft Leseproben an. So kannst du überprüfen, ob das Buch voraussichtlich deinem eigenen Japanisch-Level gerecht sein wird. Gerade am Anfang empfehle ich, Kurzgeschichten zu lesen. Die Geschichten sind in der Regel nicht so lang und komplex, also insgesamt einfacher zu verstehen.

Gerade lese ich „Kōhii ga samenai uchi ni“ (『コーヒーが冷めないうちに』) von Kawaguchi Toshikazu. Es ist ein herzerwärmendes Buch über ein altes Café irgendwo in Tokyo, in dem man in die Vergangenheit reisen kann. Man kann etwas Zeit mit einer Person verbringen, mit der man in der Vergangenheit schon einmal dieses Café besucht hat, aber nur „Bevor der Kaffee kalt wird“. Das Buch wurde übrigens auch genau mit diesem Titel ins Deutsche übersetzt. Die deutsche Übersetzung findet ihr hier (*).

Bei der Lektüre von „Kōhii ga samenai uchi ni
Das Buch, das ich gerade lese

2. Hilfsmittel beim Lesen

Bevor ich zu lesen beginne, lege ich mir immer ein paar Hilfsmittel zurecht: Textmarker in zwei verschiedenen Farben, einen Bleistift und ein elektronisches Wörterbuch.

Den gelben Textmarker verwende ich, um Wörter zu markieren, die ich nicht kenne. Im ersten Schritt markiere ich nur und schaue nicht sofort die Bedeutung nach. Die Bedeutung schaue ich nur nach, wenn es ein essenzielles Wort ist, das heißt, wenn es meinen Lesefluss stören würde, die Bedeutung nicht sofort zu kennen.

Den grünen Textmarker verwende ich, um interessante Passagen zu markieren, die entweder inhaltlich wichtig sind oder mich persönlich berührt haben.

Das elektronische Wörterbuch benutze ich, um unbekannte Wörter nachzuschauen. Ich nutze die Funktion Japanisch-Japanisch, mit der ich mir das unbekannte Wort auf Japanisch erklären lassen kann. Das ist vor allem für fortgeschrittene Lerner und Lernerinnen gut geeignet und nützt sowohl dem Leseverständnis als auch dem eigenen Wortschatz. Du kannst auch ein Wörterbuch für Japanisch-Deutsch verwenden. Du brauchst auch kein spezielles Gerät, sondern du kannst auch eine App verwenden oder zum Beispiel das Online-Wörterbuch wadoku.org.

Den Bleistift verwende ich, um mir die Bedeutungen der neuen Wörter zu notieren oder Notizen zum Inhalt und meinen Gedanken zu machen.

Meine Hilfsmittel beim Lesen
Eine Seite mit Anmerkungen
Noch eine annotierte Seite

3. Das Lesekonzept Tadoku (viel lesen)

Für Japanisch-Lernende wurde das Lesekonzept Tadoku (多読) entwickelt, was übersetzt soviel wie „viel lesen“ bedeutet. Eine der Tadoku-Regeln besagt, dass man den Text bestenfalls lesen soll, ohne währenddessen Wörter zu übersetzen, um im Lesefluss zu bleiben.

Die Tadoku-Regeln sind:

  1. Einfache, für das eigene Level gerechte Bücher auswählen
  2. Lesen, ohne Wörter nachzuschauen
  3. Passagen, die man nicht versteht, überspringen
  4. Ein anderes Buch auswählen, wenn man gar nicht weiter kommt

Die Tadoku-Website beschreibt das Konzept genauer auf Englisch und stellt auch viele kostenlose Texte für alle Level zur Verfügung.

Tatsächlich hatte ich am Anfang den Anspruch an mich selbst, jedes Wort gleich zu übersetzen. Natürlich ist das löblich für die Erweiterung des eigenen Wortschatzes. Um das Leseverständnis zu trainieren, ist es allerdings fast störend, zwischendurch Wörter nachzuschauen. Wenn du also die Inhalte trotz unbekannter Wörter grob verstehst, streiche dir die unbekannten Wörter lieber an und schaue sie später nach. Auch dank dieser Praxis habe ich mittlerweile viel Spaß am Lesen japanischer Bücher.

Fazit

Ich hoffe, du konntest aus diesem Artikel ein paar nützliche Tipps mitnehmen.
Hast du dich denn schon an das Lesen japanischer Texte (Mangas, Romane, Artikel) herangetraut? Gibt es etwas, das du gerne auf Japanisch lesen würdest? Hinterlasse mir gerne einen Kommentar.

Übrigens kannst du mir gerne schreiben, wenn du schon fortgeschritten bist und gerne an unserem Buchclub teilnehmen würdest. Wir freuen uns immer über neue Mitglieder!

Schreibe einen Kommentar